Auch in unseren beruflichen Kontexten können wir viel für die Artenvielfalt tun

Weiterbildung von Fachkräften aus der Sozialen Arbeit (c) nbh
Weiterbildung von Fachkräften aus der Sozialen Arbeit
Datum:
Di. 21. Dez. 2021

„Mach’s möglich“: Projekt schult Menschen aus der Sozialen Arbeit in Fragen der Biodiversität. Im Blick ist dabei, die Umweltkompetenz benachteiligter Personengruppen und ihre Zugänge zu Naturpädagogik zu verbessern

Im Schatten der Klimakrise vollzieht sich eine weitere Katastrophe: Die Zahl der Tier- und Pflanzenarten sinkt weltweit gewaltig. Die Vereinten Nationen haben den Einsatz für Biodiversität zur zentralen Aufgabe erhoben. Nachhaltige Entwicklung in diesem Sinne zu stärken, gerade mit Blick auf den Strukturwandel im Rheinischen Revier, ist auch für das Nell-Breuning-Haus wichtig.

Daher engagiert es sich in der Weiterbildung von Fachkräften aus der Sozialen Arbeit. Ein besonderes Augenmerk gilt der Aufgabe, das Umweltbewusstsein von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus prekären Milieus und einkommensschwachen Schichten zu fördern. Ziel ist dabei, ihre gleichberechtigte Partizipation an Umweltbildung und Naturpädagogik zu stärken.

Den Rahmen für diese ambitionierten Ziele gibt das Projekt „Mach’s möglich – Biodiversität ermöglichen, Umweltkompetenz fördern“. In sechs Modulen bildet sich unter Leitung von Annika Janssen, einer pädagogischen Mitarbeiterin des Nell-Breuning-Hauses, eine Gruppe von Fachkräften aus der außerschulischen Sozialen Arbeit weiter, entwickelt und evaluiert Projekte.

 

Am Anfang steht die Abrundung des eigenen Wissens

Der Auftakt in 2021 verlief vielversprechend. Es hat sich eine Gruppe gefunden, die mit Elan an ein gemeinsames Verständnis der Herausforderung herangeht. Die meisten Fachkräfte arbeiten mit Kindern und Jugendlichen, etwa in Jugendzentren oder Verbänden. Sie eint die Liebe zur Natur und nun steht für sie der Schritt an, dies mit ihrem beruflichen Alltag zu verknüpfen.

Meist geschieht das aus eigener Motivation, manchmal haben die Menschen gefragt, mit denen sie arbeiten. Pia Piroglu zum Beispiel arbeitet mit psychisch Erkrankten, im Rahmen des Ambulant Betreuten Wohnens vom „BeWo am Haarbach“. Sie hat Ideen, wie sie diese Menschen mit schönen Initiativen stärken kann, und sucht nun selbst Inspiration und methodische Zurüstung.

Sich bei der Sozialen Arbeit für Biodiversität einzusetzen, erfordert zunächst, das eigene Wissen zu vervollständigen. Zum Beispiel geht es nicht nur um Artenvielfalt, sondern auch um genetische Vielfalt und um die Anzahl der Lebensräume. Das wissen die meisten nicht. Elisabeth Tran, Studierende an der RWTH Aachen, führt in das vielschichtige Thema ein.

Biodiversität steht seit mehr als zehn Jahren auf der Tagesordnung der internationalen Diplomatie. Die Zwischenbilanz fällt bei allen Fortschritten ernüchternd aus: Der Rückgang der Artenvielfalt schreitet ungebremst voran, nie zuvor wurden Ökosysteme schneller und intensiver genutzt und verändert als in unserer Zeit, zum Beispiel für Ernährung, Wasser, Rohstoffgewinnung.

 

Mit Natur auf Tuchfühlung gehen, Projekte anbahnen

Kein Grund zu resignieren, viele kleine Schritte bessern die Perspektiven auf, wenn sie nicht allein gegangen werden, wie es das Projekt von Nell-Breuning-Haus, KatHo NRW und Bistum Aachen im Blick hat. Nach der Zurüstung mit Informationen gilt es in einem zweiten Schritt für die Fachkräfte der Sozialen Arbeit, sich der eigenen Verbundenheit mit der Natur bewusst zu werden.

Am besten geht das, indem man das Bildungshaus verlässt. Die Gruppe entert die Natur, inspirierend begleitet durch Nabu-Mitarbeiterin Petra Müller, und sammelt Eindrücke im Grünen. Zum unbezahlbaren Erlebnis, nicht nur für Pia Piroglu, geriet die Erfahrung, auf einem flugs selbstgebauten Waldsofa aus gesammeltem Totholz die Umgebung mit allen Sinnen aufzunehmen.

Nach Theorie und Empathie geht es an den dritten Schritt: Projekte zu erproben. Einfach loslaufen hilft wenig, ein bisschen Hintergrund schadet nicht. Den vermittelt Annika Au vom Fachbereich Klima und Umwelt der Stadt Aachen, die den Seminarteilnehmenden das Projekt „Förderung der Lebensqualität von Insekten und Menschen durch perfekte Wiesenwelten“, kurz FLIP vorstellt.

So etwas muss man halt wissen. Bei Insektenhotels gilt es zum Beispiel die Kanten abzuschleifen, damit sich die Tiere nicht an den Flügeln verletzen. Auch lässt nicht die erstbeste Samenmischung vom Gartencenter Wildwiesen erblühen, sondern die, welche an örtliche Gegebenheiten angepasst ist. Auch bei Hochbeeten gibt es manches zu beachten, um Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.

Wie geht es weiter? Dermaßen informiert, sensibilisiert und instruiert werden die Fachkräfte nun in ihren Einsatzstellen Projekte anbahnen. Pia Piroglu überlegt zum Beispiel, mit ihren Klientinnen und Klienten Wildwiesen im Stadtteil anzulegen oder Hochbeete am Haarener Seniorenzentrum zu errichten. Das könnten gute Projekte sein, um Selbstwirksamkeit erfahrbar zu machen und zugleich etwas für Umwelt und Nachbarschaft zu tun.

Wie die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird sie die Erfahrungen, die sie auf diesem Weg macht, bei den nächsten Treffen mit der Gruppe teilen. Ziel ist, voneinander zu lernen, um die sozialen und ökologischen Anliegen, die sich mit der Biodiversität verbinden, fest in den beruflichen Alltag zu integrieren. Nicht zuletzt dank wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung wird es so auch möglich, als Gesellschaft insgesamt zu lernen: Veränderung ist machbar.

Abschließende Infos

Die Wahrung der Biodiversität - ein wichtiges Menschheitsthema, deutschlandweit im Blick dank der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“. Das Nell-Breuning-Haus stärkt das Anliegen im Rheinischen Revier mit dem dreijährigen Projekt „Mach’s möglich – Biodiversität ermöglichen, Umweltkompetenz fördern“. Mit an Bord im Kooperationsverbund sind die Katholische Hochschule NRW Abt. Aachen und das Bistum Aachen. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesamt für Naturschutz, mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen des „Bundesprogramms Biologische Vielfalt“.

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Weiterbildung von Fachkräften

Di. 21. Dez. 2021
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