Der demokratiefeindlichen Agitation von rechts etwas entgegensetzen

Die Publizistin Liane Bednarz warnt vor der Diskursverschiebung, die Populisten und Extremisten auch unter der Flagge des Christlichen betreiben

Liane_Bednarz_(43467591521) (c) Von Heinrich-Böll-Stiftung from Berlin, Deutschland - Liane Bednarz, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=98313972
Liane_Bednarz_(43467591521)
Datum:
Mi. 16. Feb. 2022

Seit Jahren findet im gesellschaftlichen Diskurs eine an Gewicht gewinnende Verschiebung im Zeichen rechtsradikaler und rechtsextremer Narrative statt. Demokratische Institutionen und gesellschaftliche Fortschritte werden demagogisch angegriffen, was den Boden für Gewalt bereitet.

Die zersetzende Agitation segelt unter der falschen Flagge einer imaginären „bürgerlichen Mitte“ und versucht, sich selbst das seriöse Etikett des Konservativen anzuhaften. Das legitimieren die Akteure auch damit, dass sie fundamentale christliche Argumentationen einsetzen und besetzen. Umso mehr erhalten sie dabei Rückenwind, als dass auch prominente und einflussreiche Persönlichkeiten wie Kardinal Gerhard Ludwig Müller und Fürstin Gloria von Thurn und Taxis diese Muster verstärken.

Kernthesen von Liane Bednarz, die für bundesrepublikanische Leitmedien arbeitet, vorgestellt bei einem intensiven Online-Austausch am 16. Februar 2022. Die Juristin und Publizistin arbeitet schon lange an diesem Themenfeld, aus persönlicher Betroffenheit, berichtet sie. Denn sie habe sich selbst eine Zeit lang in diesen Netzwerken bewegt, die in ihren Augen sektenähnliche Züge tragen. Und sie habe Freunde an dieses Rechtsaußen-Milieu verloren, berichtet sie über ihre Geschichte.

Einer dieser ehemaligen Freunde, der sich mit vielen anderen in den letzten Jahren stetig radikalisiert habe, sei der Publizist Matthias Matussek. Dieser betritt, bespielt, befeuert Bühnen, in deren Umfeld seine Thesen eine ideologische Heimat haben. Da macht er keine Unterschiede: Willkommen sind seine Erzählungen vom Untergang des christlichen Abendlandes sowohl im Querdenkermilieu als auch bei den Montagsgesprächen der Pfarrei St. Gertrud in Herzogenrath-Mitte.

Im Kern geht es um Herabsetzung demokratischer Errungenschaften, als Vehikel dienen immer neue Anlässe: die Zuwanderung, die Flüchtlinge, der Islam, Homosexualität und neuerdings, mit wahnsinniger Wucht, die Gleichstellungspolitik unter dem Label „Gendern“. Das alles wird karikaturenhaft überzeichnet, unsachlich dramatisiert, verächtlich gemacht. Dabei werden die Grenzen des Sagbaren ausgetestet, ausgedehnt, überschritten, bis ins Strafbewehrte hinein.

Liane Bednarz macht keinen Hehl daraus, wie sehr sie diese Entwicklung besorgt. Neben dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, den die Neue Rechte mit ihrer Agitation gefährdet, sieht sie auch den Ort in Frage gestellt, wo sie sich zuhause fühlt: was Konservatismus und Katholizismus in ihrem Verständnis ihr an Beheimatung bietet. Dass die Rechtspopulisten und Rechtsextremen diese Heimat besetzen, stört sie sehr. Dagegen möchte sie arbeiten, klärt auf, sucht Verbündete.

Solche Verbündete findet sie in den Veranstaltern des Austauschs, der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) im Bistum Aachen und dem Herzogenrather Bildungszentrum Nell-Breuning-Haus. Diese fühlen sich den allgemeinen Menschenrechten und den damit verbundenen emanzipatorischen Errungenschaften verpflichtet. In ihrer Bildungs- und Bewegungsarbeit vertreten sie ein aufgeklärtes Demokratieverständnis und Gesellschaftsbild, das den ideologischen Verzerrungen und Einseitigkeiten der Neuen Rechten diametral entgegensteht.