„Von der Unsichtbarkeit zur Einflussnahme“

Gruppenarbeit 5 (c) Sonja
Gruppenarbeit 5
Datum:
Di. 15. Okt. 2024

, so lautete der Titel unseres ersten Fachtages am 11. Oktober im Rahmen unseres von der Bundeszentrale für politische Bildung geförderten Projektes „(Aufsuchende) politische Bildung im Kontext von Jobcentermaßnahmen und Bürgergeldbezug“. Es trafen sich 20 Teilnehmende aus der Region Aachen, Mönchengladbach, Krefeld, Düren und Heinsberg, alles Mitarbeitende oder Leitungen großer Beschäftigungsträger, Netzwerkvertreter*innen, die in ihrer Arbeit langzeitarbeitslose Menschen begleiten und beraten, zum Teil ehrenamtliche Lobbyarbeit leisten. Dazu gehörten auch Teilnehmende unseres Wochenkurse" Teilen macht reich".

Fachtag und Projekt reagieren auf die Tatsache, dass Langzeitarbeitslose kaum Angebote politischer Bildung in formalen Bildungskontexten wahrnehmen. Je länger diese Menschen sich im Grundsicherungsbezug befinden, umso unsichtbarer in der Gesellschaft werden sie. So wird auch politische Bildung zum „Auswärtsspiel“ (H. Bremer). Gesellschaftliche Abschottung, Misstrauen und Ohnmachtsgefühle lassen das Vertrauen Langzeitarbeitsloser in „die“ Politik immer mehr schrumpfen. Doch wie kommen wir Akteur*innen aus Bildung, Begleitung und Beratung (wieder) in den Diskurs mit ihnen? Was macht politische Bildung zum Heimspiel für die langzeiterwerbslosen Menschen?

Das Zauberwort der „aufsuchenden politischen Bildung“, was meint das eigentlich? Hin zu den Menschen soll die Bildung gehen, alles nicht neu, aber hochaktuell. Die Ansichten der Teilnehmenden des Fachtages lagen dazu gar nicht so weit auseinander. Selbstwirksam, auf Augenhöhe mit den Menschen, kritisch, aktiv und emotional, waren wichtige Stichworte. Für viele war ihr sozialarbeiterisches Handeln ebenso politische Bildung wie Hilfe zur Existenzsicherung, denn ohne das eine, sei das andere undenkbar. „Niemand macht politische Bildung, wenn er erstmal satt werden muss oder einen Schlafplatz braucht.“

Was sind Motivation, Wirkung und Profit für uns und langzeitarbeitslose Teilnehmende an politischer Bildung? Mit diesen Fragen ging es in die Gruppenarbeit. Die Flipcharts zeigten auch hier den Konnex zwischen individuellem Nutzen und gesellschaftlicher Partizipation. „Wer Zusammenhänge herstellen kann, kommt aus der Isolation heraus.“ „Aber genauso wichtig ist es, einfach eine gute Zeit zu haben, lecker Essen und Leute treffen, ohne Stress, kein Jobcenter im Nacken.“

Schließlich stellten u.a. Kristina Hamm, Johannes Eschweiler und Christina Herrmann Beispiele aus ihren Kontexten politischer Bildungsarbeit vor. Der Volksverein Mönchengladbach oder Amos in Heinsberg Oberbruch integrieren politische Bildung in ihre Beschäftigungsverhältnisse des dritten Arbeitsmarktes. Die Teilnehmenden wählen aus einem breiten Angebot und werden für die Bildungsmaßnahmen freigestellt. Im Fall des Nell-Breuning-Hauses werden Maßnahmen mischfinanziert und in Kooperation von mehreren Trägern durchgeführt. Pro Arbeit e.V. und der KoKreis kirchlicher Arbeitsloseninitiativen des Bistum Aachen machen mit ihren diversen Veranstaltungen unverzichtbare Lobbyarbeit. Aber natürlich geht es immer zugleich um die Frage, wer diese Arbeit finanziert angesichts knapper werdender Mittel.

Was wäre, wenn politische Bildungsarbeit in Maßnahmen des Jobcenters stattfindet? Man erreicht das Wunschpublikum garantiert, aber wie steht es mit der Unabhängigkeit der politischen Bildung? Wie vereinbar wäre aufsuchende politische Bildung mit Zielen der geförderten Integration in den Arbeitsmarkt? Und löst das tatsächlich auch die notorische Unterfinanzierung politischer Bildung in diesem Kontext?

Was wir brauchen, sind starke Netzwerke, neue Bündnispartner und eine solide Grundfinanzierung. Wir freuen uns auf den bundesweiten Fachtag des Projektes am 12. und 13. Dezember in Fulda. Dort diskutieren wir mit Vertreter*innen bundesweit aktiver Verbände und Träger.

„Von der Unsichtbarkeit zur Einflussnahme“

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