Wer Demokratie stärken will, muss redlich Teilhabe und Selbstwirksamkeit ermöglichen

Mit einer bundesweiten Fachkonferenz förderte das Nell-Breuning-Haus die Vernetzung und Verständigung über eine politische Bildung, die besser als bisher Menschen in prekären Kontexten erreicht

Dr. Christina Herrmann (l.) und Kristina Hamm vom Nell-Breuning-Haus moderierten den Fachtag. (c) Thomas Hohenschue
Dr. Christina Herrmann (l.) und Kristina Hamm vom Nell-Breuning-Haus moderierten den Fachtag.
Datum:
Do. 19. Dez. 2024

Die Demokratie stärken – wie geht das? Der politischen Bildung wird hier eine wichtige Rolle zugeschrieben. Allein wird sie es allerdings nicht richten. Und sie leidet wie der etablierte Politikbetrieb daran, dass sie Menschen in prekären Lebens- und Arbeitslagen kaum erreicht. Eine bundesweite Fachkonferenz lotete Möglichkeiten aus, wie sich das ändern lässt.

Schon der Kreis der Teilnehmenden zeigte auf, dass Zusammenarbeit in der Frage redlicher politischer Bildung vielen Trägern der sozialen Arbeit auf den Nägeln brennt. In Fulda vernetzten sich am 12. und 13. Dezember 2024 Menschen aus verschiedensten Zweigen: aus der freien Wohlfahrtspflege und aus Beschäftigungs- und Qualifizierungsträgern zum Beispiel.

Die Runde einigte sich auf ein gemeinsames Verständnis dessen, wohin die Reise gehen soll. Demokratische Teilhabe, wie sie die fachpolitisch und praktisch aktiven Beteiligten verstehen, beschränkt sich nicht darauf, immer wieder ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen. Sie läuft vielmehr auf aktive Mitgestaltung von Lebens- und Arbeitsbedingungen hinaus.

Entsprechend ist politische Bildung weit mehr als Staatsbürgerkunde. Sie erschließt Menschen aller Generationen Mitgestaltungsmöglichkeiten in ihrem Umfeld. Politische Bildung bringt hier einen reichhaltigen Instrumentenkoffer mit. Die Hoffnungen und Erwartungen, die mit aktiver Partizipation verbunden sind, bedeuten allerdings Chancen und Risiken zugleich.

Das gilt noch einmal besonders mit Blick auf die Bevölkerung in prekären Lebens- und Arbeitssituationen. Anders als Menschen aus den Mittelschichten fehlt es ihnen häufig an verlässlichen Selbstwirksamkeitserfahrungen. Wenn sie also ihre Interessen artikulieren, begründete Vorschläge machen und aktiv werden sollen, braucht es dafür Rückenwind.

Je näher man an die Menschen geht, aufsuchend im Viertel, mit Demokratiewerkstätten und Quartiersprojekten, aber auch in Maßnahmen der Beschäftigungsförderung und Integration, umso mehr kann eine solche partizipative Bildung gelingen. Das ist keine Hochglanzarbeit, sondern es geht um nachhaltige Beteiligung und Demokratieerfahrung an der Basis.

Unter diesen Vorzeichen möchte die Vernetzung, die sich in Fulda formierte, weiterarbeiten. Am 17. und 18. Juni 2025 möchte sie mit weiteren Netzwerkpartnern ein Rahmenkonzept für politische Bildung in prekären Kontexten entwickeln und verabschieden. Dieses Konzept soll dann politisch vertreten und in den eigenen Reihen verstärkt umgesetzt werden.

Ort der Fortsetzung wird das Nell-Breuning-Haus in Herzogenrath sein, das im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung den Auftakt organisiert und moderiert hat. Unter dem Motto „Von der Unsichtbarkeit zur Einflussnahme“ gab es dort bereits einen Tag mit regionalen Akteuren der Arbeitsmarktförderung. Das Thema liegt spürbar auf dem Tisch.

Fachtagung in Fulda

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