Wie verhindern, dass es zum Strukturbruch kommt?

Zweites Kohlegespräch im Nell-Breuning-Haus - Gast: Malte Lückert von der IGBCE

Lückert und Körber (c) Hohenschue
Lückert und Körber
Datum:
Mi. 12. Dez. 2018
Zweites Kohlegespräch im Nell-Breuning-Haus warf wichtige Fragen für die weitere Beratung des Strukturwandels im Rheinischen Revier auf.
Kohlegespräch mit Malte Lückert (c) Thomas Hohenschue
Kohlegespräch mit Malte Lückert

Was tun im Rheinischen Revier, um auch mittelfristig der Bevölkerung ein gutes Leben und Arbeiten in der Region zu ermöglichen? Das ist die Frage, die jetzt ansteht. In Kürze legt die Kohlekommission das Ausstiegsdatum für Förderung und Verstromung von Braunkohle fest.

Damit der nötige Strukturwandel gestaltet werden kann und es nicht zum Strukturbruch kommt, gilt es, möglichst rasch zu einem sachlichen Diskurs aller gesellschaftlichen Gruppen zu gelangen. Die „Kohlegespräche“ im Nell-Breuning-Haus zeigen, dass dies möglich ist. Bei allem Streit in der Sache und bei allen persönlichen Verletzungen ereignen sich dort konstruktive Brückenschläge.

So war es auch bei der zweiten Auflage, diesmal mit Malte Lückert von der Industriegewerkschaft Bergbau, Energie, Chemie (IGBCE). Er hat wie bereits der erste Gast der Kohlegespräche, die Umweltaktivistin Antje Grothus, direkte Einblicke in die Verhandlungen der „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, wie die Kohlekommission offiziell genannt wird.

Der sperrige Titel mache deutlich, worum es geht, unterstrich der Gast aus Berlin, nämlich im Zieldreieck von Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit die besten Lösungen zu suchen. Das eine sind Eckpunkte, die bundeseinheitlich festgelegt werden, das andere gute Rahmenbedingungen, um regional neue Wertschöpfung und Beschäftigung anzuregen.

Dass Malte Lückert als Gewerkschaftsvertreter dabei vorrangig industriepolitisch argumentierte, stieß bei den anwesenden Mitarbeitern aus der Energiewirtschaft auf positives Echo. Sie haben sich in ihrer beruflichen Biografie auf die Zusagen von Politik und Konzern verlassen, dass es auf absehbare Zeit weiter gute Arbeit und guten Lohn gibt. Sie sind stolz auf ihre Arbeit.

Andere im Publikum argumentierten jenseits der bisherigen industriellen Logik von großen Ansiedlungen und mächtigen Anlagen. Sie setzen auf dezentrale Lösungen bei der Energieversorgung, auf kleine und mittlere Unternehmen, die innovativ und emissionsarm arbeiten, ihren Beitrag zur Energiewende leisten und zugleich kurze Wege zur Arbeit ermöglichen.

Dass der Region und Deutschland insgesamt eine tiefgreifende Transformation bevorsteht, war allen Beteiligten letztlich klar. Der Streit geht um die Geschwindigkeit, mit der hier bestehende industrielle Wertschöpfung und Arbeitsplätze verloren gehen sollen. Die Verhältnismäßigkeit bei vorgezogenem Aus für die Braunkohle ist nicht allen einsichtig – sie fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Die Frage, ob durch den nahenden Strukturwandel nicht die ganze Region überfordert wird, treibt viele um, auch Verantwortliche in den Kommunen, die vielfältig betroffen sind. Zum einen geht es um Steuereinnahmen, die an die Beschäftigung vor Ort gekoppelt sind. Zum anderen geht es die sozialen Transferzahlungen an diejenigen, die im Strukturwandel auf der Strecke bleiben.

Namentlich genannt wurden Arbeitnehmer mit ordentlichen Berufen, aber geringer Qualifikation, sowie Schwerbehinderte, von denen viele in der Energiewirtschaft ein Auskommen finden. Als dritte Personengruppe, die in den Blick zu nehmen seien, brachte Malte Lückert noch die Frauen und Männer mit Migrationshintergrund ins Spiel.

Genug Anknüpfungspunkte, um im nächsten Jahr weitere Kohlegespräche zu starten. Nach einem intensiven Austausch war das ein gutes Fazit, mit dem alle Beteiligten leben konnten. Es braucht viele Schritte aufeinander zu, um gemeinsam an einer Zukunft für die Region zu arbeiten.

 

Kohlegespräch mit Malte Lückert (c) Thomas Hohenschue